Festgottesdienst zum Zehnjährigen der Schuldnerberatung

Festgottesdienst zu 10 Jahren Schuldnerberatung in Waldbröl
Festgottesdienst zu 10 Jahren Schuldnerberatung in Waldbröl

Festgottesdienst zum Zehnjährigen der Schuldnerberatung

Dienstag, 05.04.2011

Seit zehn Jahren existiert die Anlaufstelle des Kirchenkreises An der Agger für Schuldner, die alleine nicht aus ihrer Situation herauskommen. Vielen Menschen konnte in der Schuldnerberatung geholfen werden. Dass es diese Einrichtung gibt und sie sich mittlerweile etabliert hat, wurde in einem Festgottesdienst am Sonntagmorgen in der Evangelischen Kirche Waldbröl gefeiert. Mit musikalischer Unterstützung des Posaunenchores Wirtenbach und einem anschließenden Empfang.
Assessor Pfarrer Heiner Karnstein ging in seiner Predigt auf Matthäus 20, Verse 1-16, ein. Jesus sagt uns hier, wie Gott mit den Menschen umgeht. Er handelt mit uns, nach dem Maßstab seiner Gnade. Dabei sprengt seine Güte unsere Vorstellung von Gerechtigkeit. Die Arbeiter im Weinberg, die den ganzen Tag gearbeitet hatten, bekamen den gleichen Lohn, wie die, die nur eine Stunde tätig waren. Gott handle gütig und großzügig – dabei sei unser Gehaltsdenken hier falsch, so Karnstein. Aufrechnen und vergleichen sei nicht angebracht. „Wir alle leben davon, dass uns Gott unsere Schulden nicht anrechnet – wir brauchen seine Gnade und seine Vergebung.“ Der Bibeltext sei eine Warnung vor Hochmut und eine Zusage, dass jeder im Weinberg gebraucht werde – egal wie viel er leiste.
Für ihre Leistungen erhielten auch die Mitarbeiterinnen der Schuldnerberatungsstelle alle den gleichen Blumengruß, egal wie viel Stunden jede einzelne dort arbeitet. Das Team um Diplom-Sozialarbeiterin Anette Weber – Belma Hadzeric-Müller, Petra Holzer, Julia Schröder-Koch und Kristina Schüttler – freute sich über den Zuspruch den sie an diesem Morgen erhielten. Im Gottesdienst gaben sie kurze Streiflichter aus der Arbeit. Durch die konkrete Darstellung von akuten Fällen – so ein Vater, der Unterhalt für zwei Kinder zahlen muss, einen Selbstmordversuch hinter sich hat und über Hunderttausend Euro Schulden aus einer Hausfinanzierung begleichen müsste – rührte an. Das nahm die Anonymität der Fälle ein wenig und Waldbröls Bürgermeister Peter Koester wies in seinem Grußwort darauf hin, dass zehn Prozent der Bevölkerung im Oberbergischen Kreis überschuldet sind. Das könne fast jeden treffen. Aber dabei solle man die Wertschätzung gegenüber Menschen, die in die Schuldenfalle geraten sind nicht verlieren.
Professor Dr. Friedrich Wilke, stellvertretender Landrat, sprach die Verdrehung ökonomischer Sachverhalte an, in dem in der Werbung von „Geiz ist geil“ und „Sie sparen zehn Prozent“ zum Geldausgeben animiert würde. Dabei spare man nichts, man gebe nur weniger aus für Dinge, die man sonst vielleicht nicht gekauft hätte. Rolf Schäfer, Vorsitzender des Ausschusses für Soziales und Familie des Oberbergischen Kreises, bedauerte, dass man immer der Entwicklung hinterher laufe. Denn immer mehr Menschen geraten in die Schuldenfalle und in der Beratung ist eine sofortige Hilfe – es gibt Wartezeiten bis zu sechs Monaten – nicht möglich. Dies sei inakzeptabel für Betroffene und Berater.
Anette Weber gab einen kurzen Rückblick auf die vergangenen zehn Jahre. Als sie vor 10 Jahren die Arbeit aufnahm, war sie erst mit ihrem Büro bei der Caritas untergebracht, später beim Arbeitsamt. 2004 kam ein erheblicher finanzieller Engpass für die Schuldnerberatung. Mittlerweile wurde von Gesetzgeberseite erkannt, dass Überschuldung auch bei Einstellungen in einen neuen Job ein Hemmnis sein kann. Seit 2005 wird die Beratungsstelle vom Oberbergischen Kreis mitfinanziert. Die Schulden betreffen nicht nur die Erwachsenen, deshalb begrüßte Anette Weber die Aktionen gegen Kinderarmut im Oberbergischen Kreis.
Auf der letzten Sommersynode war dies das Schwerpunktthema.
Zum Geburtstag der Beratungsstelle hatte Pfarrer Heiner Karnstein noch ein paar Zukunftswünsche: Ein Cent Abgabe pro Handyvertrag könnte helfen, die Schuldnerberatungsstellen bundesweit besser aufzustellen. Die Ausweitung des Engagements von Banken und Firmen müsse erfolgen sowie Einbeziehung von Ehrenamtlichen in die Arbeit. Es müssten kreative Möglichkeiten genutzt werden, denn es brenne im Oberbergischen Kreis. Familien kommen in finanzielle Probleme, mit denen sie nie gerechnet hätten. Dadurch gehe die soziale Schere immer weiter auseinander und die Schuldnerberatungsstelle sei hier am Brennpunkt. Helma Tepin, Geschäftsführerin der Diakonie an der Agger, wäre es lieber, wenn es die Schuldnerberatungsstelle gar nicht geben müsste. „Aber wir leben in einer Welt, in der Arbeitslosigkeit, Trennungen, Krankheit und Konsum-Sucht in die Schuldenfalle führt.“ Deshalb, betonte sie, sei die Schuldnerberatung eine wichtige diakonische Aufgabe, um aus solchen kritischen Lebensereignissen Auswege zu finden.
Seit nunmehr zehn Jahren hilft die Beratungsstelle, die finanzielle Notsituation zu überwinden, zeigt Auswege auf und leistet präventive Arbeit — ein guter Grund zum Feiern!

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