Allgemeinverfügung der Marktstadt Waldbröl zum Verbot öffentlicher Veranstaltungen im Stadtgebiet Waldbröl

Wappen der Stadt Waldbröl

Allgemeinverfügung der Marktstadt Waldbröl zum Verbot öffentlicher Veranstaltungen im Stadtgebiet Waldbröl

Montag, 16.03.2020

Gemäß §§ 16 Abs. 1 Satz 1, 28 Abs. 1 Satz 2 des Gesetzes zur Verhütung und Bekämpfung von Infektionskrankheiten beim Menschen – Infektionsschutzgesetz (lfSG) wird zur Verhütung der
Verbreitung des Coronavirus SARS-CoV-2 folgende Allgemeinverfügung erlassen:

  1. Jegliche öffentliche Veranstaltung im Gebiet der Stadt Waldbröl ist bis einschließlich zum 19.04.2020, 24:00 Uhr verboten. Dieses Verbot gilt auch für Gottesdienste und sonstige Veranstaltungen von Religionsgemeinschaften . Ausgenommen von diesem Verbot sind nur solche Veranstaltungen, die aus Gründen überwiegender öffentlicher Interessen notwendig sind, insbesondere solche, die der Aufrechterhaltung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung oder der Daseinsfürsorge und -vorsorge zu dienen bestimmt sind. Dazu gehören beispielsweise Wochenmärkte, die der Nahversorgung der Bevölkerung dienen.
  2. Ebenfalls bis einschließlich zum 19.04.2020, 24:00 Uhr sind in Anlehnung an die Regelungen des Feiertagsgesetzes NRW für stille Feiertage musikalische und sonstige unterhaltende Darbietungen jeder Art in Gaststätten und in Nebenräumen mit Schankbetrieb (insbesondere Diskotheken, Clubs und Bars) sowie alle anderen der Unterhaltung dienenden öffentlichen Veranstaltungen einschließlich Tanz verboten. Von diesem Verbot umfasst sind auch Theater- und musikalische Aufführungen, Filmvorführungen und Vorträge jeglicher Art, der Betrieb von Spielhallen und ähnlichen Unternehmen sowie die gewerbliche Annahme von Wetten. Der Besuch von Restaurants und Gaststätten, die mit einem Essensangebot der Versorgung dienen, bleibt möglich.
  3. Die Anordnung tritt am 17.03.2020, 0:00 Uhr in Kraft und gilt bis einschließlich zum 19.04.2020, 24:00 Uhr. Auf die Strafbarkeit einer Zuwiderhandlung gegen diese Allgemeinverfügung wird hingewiesen (§ 75 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 3 lfSG).

Begründung:

1. Die durch das Coronavirus SARS-CoV-2 verursachte akute Atemwegserkrankung COVID-19 ist mittlerweile auch in Deutschland aufgetreten. Auch im Oberbergischen Kreis gibt es inzwischen
mehrere bestätigte Infektionsfälle und eine Vielzahl von begründeten Verdachtsfällen.
II. Ich bin gemäß § 16 Abs. 1 Satz 1 des Gesetzes zur Verhütung und Bekämpfung von Infektionskrankheiten beim Menschen – Infektionsschutzgesetz (lfSG) i.V.m. § 2 Abs. 1 der
Verordnung zur Regelung von Zuständigkeiten nach dem Infektionsschutzgesetz (ZVO-lfSG) als örtliche Ordnungsbehörde zuständig.

Zu Ziffer 1 der Allgemeinverfügung:

Rechtsgrundlage für die Untersagung öffentlicher Veranstaltungen ist§ 16 Abs. 1 Satz 1 lfSG. Gemäß § 16 Abs. 1 Satz 1 lfSG trifft die örtliche Ordnungsbehörde die notwendigen Maßnahmen zur Abwendung der dem Einzelnen oder der Allgemeinheit hierdurch drohenden Gefahren, wenn Tatsachen festgestellt werden, die zum Auftreten einer übertragbaren Krankheit führen können oder anzunehmen ist, dass solche Tatsachen vorliegen.
Gemäߧ 16 Abs. 6 Satz 1 lfSG werden die Maßnahmen nach § 16 Abs. 1 Satz 1 lfSG auf Vorschlag des Gesundheitsamtes von den örtlichen Ordnungsbehörden angeordnet. Das Gesundheitsamt des Oberbergischen Kreises hat mit Schreiben vom 10.03.2020 vorgeschlagen Großveranstaltungen im Stadtgebiet von Waldbröl mit mehr als 1.000 erwarteten Teilnehmern/ Besuchern bis auf Weiteres zu untersagen und mit Schreiben vom 15.03.2020 vorgeschlagen darüber hinaus auch Veranstaltungen mit weniger als 1.000 erwarteten Teilnehmern/ Besuchern zu untersagen, sofern es sich nicht um solche Veranstaltungen handelt, die aus Gründen überwiegender öffentlicher Interessen notwendig sind, also insbesondere solche, die der Aufrechterhaltung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung oder der Daseinsfürsorge und -vorsorge zu dienen bestimmt sind. Zur Begründung hat das Gesundheitsamt auf die Erlasse des Ministeriums für Arbeit, Gesundheit und Soziales des Landes Nordrhein-Westfalen vom 10.03.2020 und 13.03.2020 hingewiesen.
Das Ministerium für Arbeit, Gesundheit und Soziales des Landes Nordrhein-Westfalen hat die örtlichen Ordnungsbehörden der Städte und Gemeinden mit Erlass vom 10.03.2020 gemäß §§ 3 Abs. 1, 7 Abs. 3 und § 9 Abs. 1 des Gesetzes über Aufbau und Befugnisse der Ordnungsbehörden für das Land Nordrhein-Westfalen – Ordnungsbehördengesetz (OBG NRW) angewiesen bei der
Durchführung von Großveranstaltungen dafür Sorge zu tragen, dass notwendige Schutzmaßnahmen zur Verhinderung der Verbreitung von SARS-CoV-2 getroffen werden. Dabei ist das Auswahlermessen hinsichtlich der anzuordnenden Maßnahme bei Großveranstaltungen mit mehr als 1.000 erwarteten Teilnehmern/ Besuchern dahingehend reduziert, dass nur die Untersagung von Veranstaltungen in Betracht kommt, da davon auszugehen ist, dass in der Regel keine Schutzmaßnahmen durch die Veranstalter getroffen werden können, die gleich effektiv aber weniger eingriffsintensiv sind als eine Veranstaltung nicht durchzuführen.
Mit Erlass vom 13.03.3020 hat das Ministerium für Arbeit, Gesundheit und Sozialen des Landes Nordrhein-Westfalen die örtlichen Ordnungsbehörden der Städte und Gemeinden gemäß §§ 3 Abs. 1, 7 Abs. 3 und § 9 Abs. 1 OBG NRW nunmehr angewiesen auch bei der Durchführung von Veranstaltungen mit weniger als 1.000 Teilnehmern/ Besuchern dafür Sorge zu tragen, dass notwendige Schutzmaßnahmen zur Verhinderung der Verbreitung von SARS-CoV-2 getroffen werden. Auch bei Veranstaltungen mit weniger als 1.000 erwarteten Besuchern/ Teilnehmern ist das Auswahlermessen hinsichtlich der anzuordnenden Maßnahme dahingehend reduziert, dass in der Regel keine Schutzmaßnahmen durch die Veranstalter getroffen werden können, die gleich effektiv aber weniger eingriffsintensiv sind als eine Veranstaltung nicht durchzuführen. Nach dem Erlass hiervon ausgenommen sind notwendige Veranstaltungen, insbesondere solche, die der
Aufrechterhaltung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung oder der Daseinsfürsorge und -vorsorge zu dienen bestimmt sind.
Die Untersagung der Veranstaltungen ergeht aufgrund der derzeitigen Risikobewertung des Robert-Koch-Instituts (§ 4 lfSG) zum neuen Coronavirus SARS-CoV-2 und der dadurch verursachten akuten Atemwegserkrankung COVID-19. Danach handelt es sich auf globaler Ebene um eine sich sehr dynamisch entwickelnde und ernst zu nehmende Situation, mit zum Teil schweren und auch
tödlichen Krankheitsverläufen. Nach Einschätzung des Robert-Koch-Institutes sind zur Bewältigung der aktuellen Weiterverbreitung des SARS-CoV-2 Virus „massive Anstrengungen auf allen Ebenen des Öffentlichen Gesundheitsdienstes erforderlich". Es wird das Ziel verfolgt Infektionen so früh wie möglich zu erkennen und die weitere Ausbreitung des Virus so weit wie möglich zu verzögern. Damit sind gesamtgesellschaftliche Anstrengungen wie die Reduzierung von sozialen Kontakten mit dem Ziel der Vermeidung von Infektionen verbunden, da bei jeder Veranstaltung die latente Gefahr einer Ansteckung und Ausbreitung der Infektion besteht.
Im Vordergrund beim Umgang mit dem Coronavirus steht derzeit die Unterbrechung von Infektionsketten sowie eine Verlangsamung des Infektionsgeschehens, um der Gesundheitssicherheit der Bevölkerung Rechnung zu tragen. Die Verzögerung des Eintritts von weiteren SARS-CoV-2-lnfektionen ist dringend erforderlich, um das Gesundheitswesen nicht zu überlasten und die
erforderlichen Kapazitäten für die Behandlung der infizierten Personen, aber auch sonstiger Krankheitsfälle bereit zu halten. Derartige Maßnahmen sind außerdem notwendig, um die dringend erforderliche Zeit für die Entwicklung bislang nicht vorhandener Therapeutika und Impfstoffe zu gewinnen.
Die Entwicklungen der letzten Tage zeigen jedoch, dass die bisherigen Maßnahmen nicht ausreichen. Die Zahl der bestätigen Infektionsfälle im Oberbergischen Kreis als auch im Land Nordrhein-Westfalen steigt stetig. Eine Vermeidung von nicht notwendigen Veranstaltungen ist daher angezeigt, um dem Ziel, die Ausbreitung des Virus durch konsequente soziale Distanzierung im täglichen Leben zu verlangsamen, näher zu kommen. Bei der aktuellen Ausbreitungsgeschwindigkeit kann das Ziel einer Eindämmung nur erreicht werden, wenn vorübergehend jede Veranstaltung unabhängig von ihrer Personenzahl untersagt wird. Jeder nicht notwendige soziale Kontakt beinhaltet ein derart hohes Gefährdungspotential, so dass nur durch eine Untersagung von Veranstaltungen eine Weiterverbreitung der Infektionen mit dem Coronavirus SARS-CoV-2 in der Bevölkerung verhindert oder zumindest verlangsamt werden kann. Demgegenüber sind keine ausreichenden Schutzmaßnahmen durch die Veranstalter möglich, die gleich effektiv, aber weniger eingriffsintensiv sind, als eine Veranstaltung nicht durchzuführen. Die extrem hohen Risikofaktoren des Zusammentreffens von Personen bei Veranstaltungen, wie vor allem Dauer, Anzahl und Intensität der Kontaktmöglichkeiten sowie die fehlende Rückverfolgbarkeit reduzieren mein Ermessen dahingehend, dass nur eine Untersagung in Betracht kommt.
Notwendige Veranstaltungen, also insbesondere solche, die der Aufrechterhaltung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung oder der Daseinsfürsorge und -vorsorge zu dienen bestimmt sind, sind davon jedoch ausdrücklich ausgenommen. Unter Berücksichtigung dieser Faktoren ist das zeitlich befristete Verbot nicht nur zur effektiven Gefahrenabwehr geeignet, sondern auch erforderlich und verhältnismäßig. Zwar werden die Grundrechte der Art. 2 Absatz 2 Satz 2, Art. 4, Art. 8, Art. 12 Abs. 1 und Art. 14 Abs. 1 des Grundgesetzes insoweit eingeschränkt. Die Maßnahme ist jedoch in Anbetracht der vorrangigen Interessen der Gesundheitssicherung der Bevölkerung, insbesondere der Risikogruppen, gerechtfertigt. Die Untersagung von Veranstaltungen erfolgt zudem zeitgleich begrenzt bis zum 19.04.2020, 24.00 Uhr. Zu diesem Zeitpunkt kann sodann eine erneute Risikoeinschätzung vorgenommen werden.

Zu Ziffer 2 der Allgemeinverfügung:

Rechtgrundlage der Maßnahme unter Ziffer 2 ist § 16 Abs. 1 Satz 1 lfSG. Aufgrund der unter Ziffer 1 gegebenen Begründung ist es zur Gesundheitssicherung der Bevölkerung notwendig, das Verbot von Veranstaltungen um ein Verbot von weiteren Anlässen zu ergänzen, bei denen vergleichbar hohe Risikofaktoren existieren, wie z.B. des Zusammentreffens von Personen bei Veranstaltungen, vor allem Dauer, Anzahl und Intensität der Kontaktmöglichkeiten sowie die fehlende Rückverfolgbarkeit. Aufgrund der aktuellen Risikobewertung kann nur mit dieser Einschränkung sozialer Kontaktmöglichkeiten die dringend erforderliche Verzögerung des Eintritts von weiteren Infektionen erreicht werden. Die Regelung orientiert sich an einer Reduzierung der sozialen Kontaktmöglichkeiten in Anlehnung an die Schutzbestimmungen an stillen Feiertagen. Ziel ist es, durch eine vorübergehende konsequente soziale Distanzierung die Ausbreitung des Virus im täglichen Leben zu verlangsamen. Die Maßnahmen sollen dazu beitragen, das Gesundheitswesen nicht zu überlasten und die erforderlichen Kapazitäten für die Behandlung von Erkrankten sowie sonstigen Krankheitsfällen bereithalten zu können. Damit wird auch Zeit gewonnen, Therapeutika und Impfstoffe zu entwickeln.
Unter Berücksichtigung dieser Faktoren ist das Verbot nicht nur zur effektiven Gefahrenabwehr geeignet, sondern auch erforderlich und verhältnismäßig. Zwar werden die Grundrechte der Art. 2,
Abs. 2 Satz 2, Art. 8, Art. 12 Abs. 1 und Art. 14 Abs. 1 des Grundgesetzes insoweit eingeschränkt. Die Maßnahme ist in Anbetracht der vorrangigen Interessen der Gesundheitssicherung der Bevölkerung, insbesondere der besonderen Risikogruppen, gerechtfertigt. Aus Gründen der Verhältnismäßigkeit, insbesondere mit Rücksicht auf die wirtschaftlichen Interessen der Betreiber, sind Restaurants und Gaststätten, die mit einem Essensangebot der Versorgung dienen, von dem Verbot ausgenommen. Zur sofortigen Vollziehbarkeit der Allgemeinverfügung:
Die Allgemeinverfügung ist sofort vollziehbar, vgl. § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) i.V.m. § 16 Abs. 7 lfSG.

Rechtsbehelfsbelehrung:

Gegen diese Allgemeinverfügung können Sie innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe Klage beim Verwaltungsgericht Köln, Appellhofplatz, 50667 Köln erheben. Die Klage ist schriftlich oder zur
Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle des Verwaltungsgerichts zu erheben. Die Klage kann auch durch Übertragung eines elektronischen Dokuments an die elektronische
Poststelle des Gerichts erhoben werden. Das elektronische Dokument muss für die Bearbeitung durch das Gericht geeignet sein. Es muss mit einer qualifizierten elektronischen Signatur der
verantwortenden Person versehen sein oder von der verantwortenden Person signiert und auf einem sicheren Übermittlungsweg gemäß § 55a Absatz 4 VwGO eingereicht werden . Die für die
Übermittlung und Bearbeitung geeigneten technischen Rahmenbedingungen bestimmen sich nach näherer Maßgabe der Verordnung über die technischen Rahmenbedingungen des elektronischen Rechtsverkehrs und über das besondere elektronische Behördenpostfach (Elektronischer Rechtsverkehr-Verordnung – ERVV) vom 24. November 2017 (BGBI. 1 S. 3803).
Hinweis:
Weitere Informationen erhalten Sie auf der Internetseite www.justiz.de
Gez.
Peter KoesterBürgermeister