Verordnung zum Schutz vor Neuinfizierungen mit dem Coronavirus SARS-CoV-2 im Bereich der Betreuungsinfrastruktur (Coronabetreuungsverordnung – CoronaBetrVO) in der ab dem 27. April 2020 gültigen Fassung

Verordnung zum Schutz vor Neuinfizierungen mit dem Coronavirus SARS-CoV-2 im Bereich der Betreuungsinfrastruktur (Coronabetreuungsverordnung – CoronaBetrVO) in der ab dem 27. April 2020 gültigen Fassung

Montag, 27.04.2020

§ 1

Schulische Gemeinschaftseinrichtungen
(1) Alle öffentlichen Schulen, Ersatzschulen und Ergänzungsschulen im Sinne des Schulgeset- zes für das Land Nordrhein-Westfalen vom 15. Februar 2005 (GV. NRW. S. 102), das zuletzt durch Artikel 1 des Gesetzes vom 21. Juli 2018 (GV. NRW. S. 404) geändert worden ist, sind geschlossen.
(2) Ausgenommen von Absatz 1 sind das Betreten der Schule
1. durch Schülerinnen und Schüler der Abschlussklassen sowie der Klassen, in denen Be- rechtigungen erworben werden, zur Teilnahme am Unterricht sowie an sonstigen schuli- schen Veranstaltungen insbesondere im Zusammenhang mit der Prüfungsvorbereitung und der Durchführung von Prüfungen;
2. durch Schülerinnen und Schülern, in der Regel der Jahrgangsstufen 1 bis 6, mit besonde- rem Betreuungsbedarf im Sinne von § 3 Absatz 1 zum Zwecke einer Vor-Ort-Betreuung (Notbetreuung) in den Schulräumlichkeiten. Das Nähere regelt das Ministerium für Schule und Bildung durch Erlass (insbesondere mittels sog. SchulMails);
3. durch Schülerinnen und Schülern der jeweiligen Schule zum Zwecke einer Vor-Ort-Be- treuung (Notbetreuung), wenn wegen einer Kindeswohlgefährdung die Aufnahme in die Vor-Ort-Betreuung nach Nummer 2 als Folge einer familiengerichtlichen Entscheidung oder im Rahmen von Maßnahmen oder Schutzplänen nach § 8a des Achten Buches Sozi- algesetzbuch erforderlich ist. Die Aufnahme in die Vor-Ort-Betreuung kann auch erfor- derlich sein, wenn die Schülerin oder der Schüler im regelhaften Schulbetrieb als Folge einer Entscheidung nach den §§ 27 ff. des Achten Buches Sozialgesetzbuch am Offenen Ganztag teilnimmt. Das Jugendamt hat vorrangig zu prüfen, ob das Kindeswohl auch mit anderen verfügbaren Maßnahmen gewährleistet werden kann. Die Entscheidung über die Notwendigkeit der Aufnahme in die Vor-Ort-Betreuung ist von der Jugendamtsleitung oder einer von ihr benannten Person zu treffen und zu dokumentieren; die Notwendigkeit der Aufnahme ist der Schulleitung schriftlich zu bestätigen. Die Schulleitung kann die Aufnahme nur ablehnen, wenn andernfalls die Durchführung der Vor-Ort-Betreuung ins- gesamt gefährdet wäre; sie beteiligt das Jugendamt und die Schulaufsicht;
4. durch Dienstkräfte der jeweiligen Schule zur Erteilung von Unterricht im Sinne von Num- mer 1 oder zur Wahrnehmung von Dienstgeschäften;
5. zum Zwecke der Vor-Ort-Betreuung (Notbetreuung) im Sinne der Nummern 2 und 3 und zur Wahrnehmung der damit verbundenen Dienstgeschäfte;
6. zur Teilnahme an Staatsprüfungen Berufsabschlussprüfungen der zuständigen Stellen o- der an Auswahlgesprächen (Einstellung/Laufbahnwechsel) und zur Wahrnehmung der da- mit verbundenen Dienstgeschäfte;
7. zu anderen als zu schulischen Zwecken, die der Aufrechterhaltung der öffentlichen Si- cherheit und Ordnung oder der Daseinsfür- und -vorsorge (insbesondere Aufstellungsver- sammlungen zur Kommunalwahl und Blutspendetermine) zu dienen bestimmt sind.
(3) Bei den Nutzungen nach Absatz 2 sind die besonderen Anforderungen an den Infektions- schutz zu beachten. Hierbei sollen insbesondere Regelungen zu verkürzten Reinigungsinterval- len in Sanitärräumen und Desinfektionsmaßnahmen sowie im Rahmen des Absatzes 2 Nummer 1 Maßnahmen zur Sicherung eines Mindestabstands von 1,5 m durch verkleinerte Lerngruppen oder größere Unterrichtsräume umgesetzt werden.

§ 2

Kindertageseinrichtungen, Kindertagespflegestellen, Heilpädagogische Kindertageseinrichtungen, Kinderbetreuungen in besonderen Fällen
(1) Alle Kindertageseinrichtungen, Kindertagespflegestellen, Heilpädagogischen Kindertages- einrichtungen und Kinderbetreuungen in besonderen Fällen (Brückenprojekte) haben in ihrem jeweiligen Zuständigkeitsbereich Kindern im Alter bis zur Einschulung, Schülerinnen und Schülern sowie deren Erziehungsberechtigen bzw. Betreuungspersonen den Zutritt zu Betreuungsangeboten zu untersagen.
(2) Ausgenommen von Absatz 1 ist die Betreuung von Kindern im Alter bis zur Einschulung sowie Schülerinnen und Schülern, wenn besonderer Betreuungsbedarf im Sinne von § 3 Absatz 1 besteht.
(3) Eine Ausnahme von Absatz 1 gilt auch, wenn wegen einer Kindeswohlgefährdung der Be- such eines der genannten Betreuungsangebote als Folge einer familiengerichtlichen Entschei- dung oder im Rahmen von Maßnahmen und Schutzplänen nach § 8a des Achten Buches Sozi- algesetzbuch erforderlich ist. Dies gilt auch, wenn das Kind dieses Angebot bereits in Folge einer Entscheidung nach den §§ 27ff. des Achten Buches Sozialgesetzbuch wahrgenommen hat. Das Jugendamt hat vorrangig zu prüfen, ob das Kindeswohl auch mit anderen verfügbaren Maßnahmen gewährleistet werden kann. Die Entscheidung über die Notwendigkeit der Wie- deraufnahme oder Fortsetzung der Betreuung ist von der Jugendamtsleitung oder einer von ihr benannten Person zu treffen und zu dokumentieren.

§ 3

Besondere Betreuungsbedarfe
(1) Besonders betreuungsbedürftig im Sinne von § 1 Absatz 2 Nummer 2 und § 2 Absatz 2 ist, wer der Personensorge
1. mindestens einer Person unterliegt, die in einem der Tätigkeitsbereiche für eine erweiterte Notbetreuung nach Maßgabe der Anlage 1 (bis zum 22. April 2020) bzw. der Anlage 2 (ab dem 23. April 2020) zu dieser Verordnung beschäftigt und in diesem Tätigkeitsbereich unabkömmlich ist,
2. einer alleinerziehenden Person unterliegt, die einer Erwerbstätigkeit nachgeht oder sich im Rahmen einer Schulausbildung nach § 1 Absatz 2 Nummer 1 oder im Rahmen einer Hoch- schulausbildung in einer Abschlussprüfung befindet, sofern eine private Betreuung nicht anderweitig verantwortungsvoll – unter Berücksichtigung der Empfehlungen des Robert-Koch-Instituts – organisiert werden kann.
(2) Kinder mit besonderem Betreuungsbedarf nach Absatz 1 sollen betreut werden. Die Entscheidung zur Aufnahme in der Schule oder zur Betreuung in einem Kindertagesbetreuungsan- gebot treffen die Leitungen der jeweiligen Einrichtungen oder die Kindertagespflegestellen. Es gelten die bestehenden rechtlichen Zuständigkeiten.
(3) Zwingende Voraussetzung der Entscheidung nach Absatz 2 sind in den Fällen von Absatz 1
Nummer 1:
1. der Nachweis, dass mindestens eine personensorgeberechtigte Person nicht in der Lage ist, die Betreuung zu übernehmen, weil sie in einem in der Anlage 1 (bis zum 22. April 2020) bzw. der Anlage 2 (ab dem 23. April 2020) zu der Verordnung genannten Bereich tätig ist, und
2. die schriftliche Erklärung des jeweiligen Arbeitgebers, dass die Präsenz dieser personensor- geberechtigten Person am Arbeitsplatz für das Funktionieren der jeweiligen Betriebe und Einrichtungen nach Maßgabe der Anlage 1 (bis zum 22. April 2020) bzw. der Anlage 2 (ab dem 23. April 2020) zu dieser Verordnung zwingend notwendig ist (Unabkömmlichkeit); steht die Person nicht in einem Verhältnis abhängiger Beschäftigung (Selbstständige), wird der vorgenannte Nachweis durch eine entsprechende Eigenerklärung ersetzt.
(4) Zwingende Voraussetzung der Entscheidung nach Absatz 2 sind in den Fällen von Absatz 1
Nummer 2:
1. bei einer Erwerbstätigkeit der schriftliche Nachweis des Arbeitgebers zu Umfang und Lage der Arbeitszeiten bzw. bei Selbstständigen eine entsprechende Eigenerklärung oder bei einer (Hoch-)Schulausbildung der schriftliche Nachweis der Schule oder Hochschule und
2. die Eigenerklärung der alleinerziehenden Person, dass eine private Betreuung nicht ander- weitig verantwortungsvoll – unter Berücksichtigung der Empfehlungen des Robert-Koch-Instituts organisiert werden kann.

§ 4

Tages- und Nachtpflegeeinrichtungen, tagesstrukturierende Einrichtungen der Eingliederungshilfe, Einrichtungen der beruflichen Rehabilitation
(1) Sämtliche Tages- und Nachtpflegeeinrichtungen im Sinne des Elften Buches Sozialgesetz- buch, tagesstrukturierende Einrichtungen der Eingliederungshilfe (Werkstätten, Tagesstätten oder sonstigen vergleichbaren Angebote) sowie Einrichtungen der beruflichen Rehabilitation haben allen Nutzerinnen und Nutzern den Zutritt zu versagen. Dies gilt insbesondere für Bil- dungseinrichtungen für berufsvorbereitende und ausbildende Maßnahmen, die sich an Men- schen mit Behinderungen richten, wie z.B. Berufsbildungswerke, Berufsförderungswerke, Be- rufliche Trainingszentren.
(2) Unter Ausnahme von Absatz 1 soll die Pflege und Betreuung von Nutzerinnen und Nutzern erfolgen, die im eigenen häuslichen Umfeld untergebracht sind und deren Betreuungs- oder Pflegeperson zum Personal eines der in Anlage 1 (bis zum 22. April 2020) bzw. der Anlage 2 (ab dem 23. April 2020) zu dieser Verordnung genannten Bereiche gehört, wenn diese Betreu- ungs- oder Pflegeperson in ihrem jeweiligen Tätigkeitsbereich unabkömmlich ist und eine pri- vate Betreuung insbesondere durch Familienangehörige oder die Ermöglichung flexibler Ar- beitszeiten und Arbeitsgestaltung (z.B. Home-Office) nicht gewährleistet werden kann.
(3) Die Unabkömmlichkeit ist der betreffenden Einrichtung gegenüber durch eine schriftliche Bestätigung des jeweiligen Arbeitgebers nachzuweisen. Steht die betreffende Person nicht in einem Verhältnis abhängiger Beschäftigung (Selbstständige), wird der vorgenannte Nachweis durch eine entsprechende Eigenerklärung ersetzt.
(4) Ausgenommen sind weiterhin Nutzerinnen und Nutzer, deren pflegerische oder soziale Be- treuung für den Zeitraum, in dem sie sich normalerweise in der Werkstatt für behinderte Menschen (WfbM) sowie den tagesstrukturierenden Angeboten der Eingliederungshilfe im Sinne des Absatzes 1 aufhalten, nicht sichergestellt ist. Die Träger der Angebote sind angehalten, für die betroffenen Personen eine Betreuung im notwendigen Umfang sicherzustellen. Sie sollen zu diesem Zweck mit Anbietern von Wohneinrichtungen zusammenarbeiten.
(5) Ausgenommen sind zudem diejenigen Rehabilitandinnen und Rehabilitanden, die einen in- tensiven und persönlichen Betreuungsaufwand benötigen, dem im häuslichen Rahmen nicht entsprochen werden kann. Für diese Teilnehmenden kann auf Wunsch der Personensorgebe- rechtigten oder auf Bedarfsmeldung des oder der Teilnehmenden im Einzelfall nach Entschei- dung der Schulleitung ein Betreuungsangebot vor Ort in der Einrichtung sichergestellt werden. Da dieser Personenkreis zur besonders vulnerablen Bevölkerungsgruppe gehört, sind entsprechende Schutzmaßnahmen zu beachten. Zur Flankierung der kontaktreduzierenden Maßnahmen kann, soweit möglich, das Unterrichtsgeschehen auf virtuelle Lernwelten umgestellt werden und durch die Bildungsträger weiter begleitet werden.
(6) Ausgenommen sind außerdem Nutzerinnen und Nutzer von Tages- und Nachtpflegeeinrich- tungen im Sinne des Elften Buches Sozialgesetzbuch, deren häusliche Versorgung bei Wegfall der teilstationären Pflege und Betreuung glaubhaft gefährdet wäre. Über die Gewährung einer Ausnahmeregelung entscheidet die Leitung der bisher genutzten Einrichtung im Einzelfall un- ter Abwägung der Gesamtumstände – insbesondere der erhöhten Gefahren durch das neuartige Coronavirus SARS-CoV-2 einerseits und einer drohenden unzureichenden häuslichen Versorgung sowie verbesserter Schutzvorkehrungen bei einer Reduzierung der Zahl der in der Einrichtung zu versorgenden Personen andererseits.
(7) Die Regelung des Absatzes 1 Satz 1 gilt auch für Betreuungsgruppen, die als Angebote zur Unterstützung im Alltag im Sinne der Anerkennungs- und Förderungsverordnung (AnFöVO) anerkannt wurden. Dasselbe gilt für interdisziplinäre oder heilpädagogische Frühförderstellen, heilpädagogische Praxen und Autismuszentren, soweit es sich nicht um Einzelfördermaßnahmen handelt.
(8) Zu den in Absatz 2 sowie den Absätzen 4 bis 7 bestimmten Ausnahmen gilt, dass ein zumutbarer Transport für den Hin- und Rückweg sicherzustellen ist, der die derzeit besonderen Risiken durch eine Infektion mit dem Coronavirus SARS-CoV-2 berücksichtigt.

§ 5

Vorrang, Inkrafttreten, Außerkrafttreten
(1) Die Bestimmungen dieser Verordnung gehen widersprechenden und inhaltsgleichen Allge- meinverfügungen der nach dem Landesrecht für Schutzmaßnahmen nach § 28 Absatz 1 des Infektionsschutzgesetzes zuständigen Behörden vor. Unbeschadet davon bleiben die nach dem Landesrecht für Schutzmaßnahmen nach § 28 Absatz 1 des Infektionsschutzgesetzes zuständi- gen Behörden befugt, im Einzelfall zur Abwehr einer konkreten Gefahr auch von dieser Verordnung abweichende Anordnungen zu treffen.
(2) Diese Verordnung tritt am 20. April 2020 in Kraft und mit Ablauf des 3. Mai 2020 außer Kraft.