100 Jahre Internationaler Frauentag

100 Jahre Internationaler Frauentag

Dienstag, 08.03.2011

Vom Frauenwahlrecht zur "Chancengleichheit von Männer und Frauen": Am 8. März 2011 jährt sich der Internationale Frauentag zum 100. Mal.
Die Gleichstellungsbeauftragte der Stadt Waldbröl, Carmen Muñoz-Berz, zieht Bilanz:
Auf der II. Internationalen Sozialistischen Frauenkonferenz 1910 in Kopenhagen, wurde auf Antrag der deutschen Sozialistin, Klara Zetkin, beschlossen, einen Frauentag zu veranstalten. Im Vordergrund stand, am 19.März 1911, die Forderung nach einem aktiven und passiven Wahlrecht für Frauen.
Die Wurzeln des Internationalen Frauentags gehen zurück auf die Arbeiterinnenbewegung im
19. Jahrhundert. Mit der Industrialisierung stieg der Anteil der Fabrikarbeiterinnen, sie verdienten jedoch nur einen Bruchteil des Männerlohns. Sie wehrten sich gegen Ungerechtigkeit und Diskriminierung und streikten für höhere Löhne, kürzere Arbeitszeiten, bessere Arbeits-, Wohn- und Lebensbedingungen.
Auf rechtlicher Ebene wurde in Deutschland einiges realisiert: 90 Jahre Frauenwahlrecht, 50 Jahre Gleichberechtigungsgesetz, 60 Jahre Gleichstellungsartikel im Grundgesetz, 5 Jahre Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz.
Lohngleichheit, die Bekämpfung von Frauenarmut und der Gewalt gegen Frauen stehen auch nach 100 Jahren als Forderungen auf der Agenda des Internationalen Frauentags.
Die Armut in Deutschland nimmt rasant zu, mehr als elf Millionen Menschen leben bereits unter oder dicht an der Armutsgrenze. Auch die Armut ist nicht geschlechtsneutral, ein besonders hohes Armutsrisiko tragen dabei die wachsende Zahl der Frauen, die im Niedriglohnbereich arbeiten, alleinerziehende Frauen, ihre Kinder und Rentnerinnen.
Von der Lohngleichheit mit ihren männlichen Kollegen sind Frauen in Deutschland auch im 21. Jahrhundert noch weit entfernt. In Deutschland verdienen Frauen immer noch durchschnittlich 23% weniger als Männer. Damit liegt Deutschland im Vergleich zu den anderen europäischen Ländern weit hinten. Dieser Entgeltunterschied entsteht nicht nur durch die schlechtere Entlohnung in Frauenberufen, die Unterrepräsentanz von Frauen in den Führungsetagen oder der frauentypischen Teilzeitarbeit, sondern auch durch die ungleiche Entlohnung bei gleicher Tätigkeit.
Aktuell diskutieren deutsche Politikerinnen und Politiker über die Einführung einer gesetzlichen Frauenquote in Führungsgremien der Privatwirtschaft. In 90 von 100 der größten deutschen Unternehmen sitzt weder eine Frau im Vorstand noch im Aufsichtsrat, so eine aktuelle Studie des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung. Länder wie Norwegen oder die Niederlande verfügen bereits über eine Frauenquote für Aufsichtsräte von 40%, Spanien will die Quote bis 2015 erreichen. Die Europäische Kommission fordert mehr Frauen in Führungspositionen. Sollte bis Ende 2011 nichts geschehen, würde eine gesetzliche Frauenquote eingeführt werden. Als Zielgröße wird von einem Frauenanteil von 30% in Aufsichtsräten bis 2015 und eine Erhöhung auf 40% bis 2020 genannt. Studien zeigen, dass Unternehmen mit gemischten Führungsteams wirtschaftlich erfolgreicher arbeiten. Ein positives Beispiel ist die Telekom, die eine Frauenquote von 30% für alle Führungspositionen eingeführt hat. Freiwillige Regelungen für eine Quote bei Unternehmen haben in Deutschland seit 10 Jahren nicht gegriffen.
Um Chancengleichheit und Geschlechtergerechtigkeit herzustellen sind weitere Maßnahmen erforderlich:

  • Gleicher Lohn für gleiche Arbeit
  • Gleichstellungsgesetz für die Privatwirtschaft
  • Erleichterung der Vereinbarkeit von Familie und Beruf für Männer und Frauen
  • Flexible Arbeitszeitmodelle
  • Bedarfsgerechte Kinderbetreuung
  • Gesetzlicher Mindestlohn für alle Branchen
  • Gesetzliche Mindestrente

In Zukunft wird aufgrund des demografischen Wandels in Deutschland eine Chancengleichheit von Männern und Frauen voranzutreiben, mehr denn je, notwendig. Die sich verändernde Gesellschaft wird es sich nicht mehr erlauben können, Ressourcen von Frauen brachliegen zu lassen. Auf kommunaler Ebene wirken in der Praxis täglich Gleichstellungsbeauftragte, unterstützt durch ihre Bürgermeister und Bürgermeisterinnen, an der tatsächlichen Umsetzung der Chancengleichheit von Männern und Frauen mit – und das nicht nur am Internationalen Frauentag.

Kategorien: Verwaltung